SS Thistlegorm

Die SS Thistlegorm wurde 1940 erbaut und war ein 126 Meter langer Frachter, der während des Zweiten Weltkriegs militärische Ausrüstung trug. Das Wrack zieht viele Taucher für die Menge der Fracht an, die gesehen und erkundet werden kann. Stiefel und Motorräder sind in Laderäumen, ebenso Lastwagen, gepanzerte Fahrzeuge, Motorräder, Gummistiefel, Gewehre, Flügel, Motorauspuffringe und Zylinder.

Das Frachtschiff SS Thistlegorm wurde von der Joseph Thompson und Söhne-Werft erbaut und am 9. April 1940 im schottischen Sunderland (bei Newcastle) vom Stapel gelassen. Sie war ein Schiff aus der “Thistle-Flotte” der Albyn Line und so wurde sie Thistlegorm (Blaue Distel) getauft. Die Dampfmaschine erbrachte mit zwei Kesseln eine Leistung von 1‚850 PS und konnte die Blaue Distel auf bis zu 10,5 Knoten beschleunigen. Um sich vor angreifenden Flugzeugen zu schützen wurden die Aufbauten mit Betonplatten verstärkt.


Die Thistlegorm ist zwar nicht speziell für Kriegszwecke gebaut worden, dennoch wurde sie von der britischen Regierung für diesen Zweck eingesetzt. Ihre Ladung, die das Schiff in Glasgow aufgenommen hatte, war für die britischen Truppen in Ägypten bestimmt. Sie hatte kriegswichtige Güter geladen und so verstaute man unter Deck neben kleinen Schützenpanzern auch Lastkraftwagen, Motorräder inkl. hunderte Ersatzreifen, Anhänger mit Generatoren, Flugzeugmotoren und -tragflächen als Ersatz für die Air Force, Treibstoff- und Wasserbehälter sowie Gummistiefel. Zudem musste natürlich auch der Waffen- und Munitionsnachschub gewährleistet werden und so hatte die Thistlegorm auch Karabiner, Munitionskisten, Minen, Gewehrgranaten, Zünder und die Schiffsmunition geladen. Auf dem Oberdeck wurden zwei Dampflokomotiven inkl. Kohle- und Wasserwagons festgezurrt.

Der spezielle Auftrag der SS Thistlegorm auf ihrer 4. Reise lautete, in einem Geleitzug von insgesamt 16 Schiffen den Nachschub für die britischen Einheiten sicherzustellen. Die Flotte wurde vom Kreuzer “HMS Carlisle” geschützt. Der Name dieser Mission war “Operation Crusader”. Ziel war dabei der Hafen von Tawfiq am Ende des Suezkanals. Das Frachtschiff unter dem Kommando von Kapitän Ellis verließ im August 1941 den Hafen von Glasgow und erreichte ohne Probleme den ersten Zwischenstopp Kapstadt und anschließend den Eingang zum Golf von Suez. Die 12’000 Seemeilen lange Reise über den Atlantik war um einiges sicherer, als der achtmal kürzere Weg durch das Mittelmeer.

Deutsche Aufklärer bemerkten den britischen Konvoi auf seiner Fahrt Richtung Suezkanal und zudem kurierte das Gerücht in deutschen Reihen, dass der Cunard-Dampfer “Queen Mary” mit australischen Truppen sich im nördlichen Roten Meer aufhielt. Man entsandte daher zwei deutsche Bomber vom Typ HE-111, welche dem Kampfgeschwader KG26, dem Löwengeschwader angehörten.

Ziel war es, die “Queen Mary” mit zwei Spezialbomben von jeweils 2000 Kg zu versenken. Der Truppentransporter wurde jedoch nicht gefunden und so befanden sich die beiden Bomber bereits auf dem Rückflug, als eines davon an der Westküste des Sinai beim Sha’Ali den Konvoi entdeckte.

Erst in den fünfziger Jahren stieß Cousteau per Zufall auf das Wrack der Thistlegorm. 1956 schrieb er einen Bericht über den Untergang und das Wrack im National Geographics Magazin, danach blieb das Wrack 35 Jahre lang unangetastet. 1991 schließlich fand es eine Gruppe Taucher bei einer gut geplanten Suchaktion, bei welcher sie fortschrittliche Ortungsgeräte einsetzten.

Die Thistlegorm ist mit Abstand das interessanteste und größte Schiff, dass ich bis heute betaucht habe. Das Wrack ist, trotz der Tiefe und den Strömungen, einfach zu betauchen und so kann eigentlich jeder, der das Tarrieren beherrscht und ein ruhiger Taucher ist, gefahrlos in die Thistlegorm hineintauchen. Dabei sollte die UW-Lampe nicht vergessen werden. Handschuhe sollte man dafür zu Hause lassen, denn wie in einem Riff sollte auch hier nichts angefasst werden. Es ist schade, dass schon so viele Bestandteile der Ausrüstung und der Ladung verschwunden sind. Kein Teller, keine Gabel und keine Weinflasche blieb erhalten. Die Souveniertaucher dachten nur an sich selbst und nicht an folgende Tauchgenerationen. Indem wir alle grundsätzlich mit der Einstellung abtauchen, alles so zu belassen wie es ist, können wir alle dazu beitragen, dass die Thistlegorm nicht noch weiter ausgeräumt wird.

Motorräder im Laderaum der Thistlegorm…

Das Heck ist abgesprengt und liegt mit einer Neigung von etwa 45 Grad auf dem Grund. Es ist durch den Bombentreffer und die folgenden Explosionen stark beschädigt, trägt aber immer noch die Flugabwehrkanone und ein weiteres Geschütz mit Schutzschild. 

Das Schicksal sorgte dafür, dass trotz der extrem heftigen Explosion, die durch einen direkten Treffer im Munitionsdepot verursacht wurde, beide Lokomotiven vom Deck der Thistlegorm flogen und auf ihren Rädern auf dem Meeresgrund aufschlugen. Beide stehen da, als wären sie jeden Moment bereit, ihre Reise fortzusetzen.
Bei diesen Lokomotiven handelt es sich um die einst sehr beliebten „Stanier 8F“-Modelle, die 1933 vom Erfinder Sir William Stanier konstruiert wurden. Das Gewicht der Züge betrug fast 127 Tonnen und die Länge 19,2 Meter. Der Wassertank hatte ein Fassungsvermögen von 19 Tonnen und bot Platz für den Transport von 9 Tonnen Kohle. Mit einer Leistung von 1620 PS konnten sie eine Geschwindigkeit von 65 km/h erreichen; Diese beendeten ihre Reise jedoch auf dem Meeresgrund. Die Explosion war so stark, dass diese Riesen etwa dreißig Meter vom Schiff entfernt geschleudert wurden. Bei der Explosion wurden beide Lokomotiven schwer beschädigt, so dass heute nur noch die Vorderteile erkennbar sind.

 

Der Korallenbewuchs des Wracks hat durch den Tauchtourismus stark gelitten, ist aber insbesondere am weniger intensiv betauchten Heckteil immer noch sehenswert. Ähnliches gilt für den Fischreichtum. Insgesamt ist die Thistlegorm ein beeindruckendes Biotop mit zahlreichen verschiedenen Arten.

Story und Fotos: G. Müller
Quelle(n): Wikipedia